Liturgisches
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Meditationen | Meditative Texte
| Teil 6
Mensch in Gottes Hand
Ein Gruß dem Menschen,
der aus der Reihe tanzt und nicht
dem Trend der Mehrheitsmeinung folgt,
sondern täglich nach Gottes Willen
fragt.
Ein Gruß dem Menschen,
der den Widerspruch wagt und nicht
längst verschlissene Phrasen
wiederholt,
sondern seine Ohren öffnet für neue
Worte.
Ein Gruß dem Menschen,
der in guter Hoffnung lebt und nicht
im Kreise müde grinsender Leute
sitzt,
sondern von Gott Überraschungen
erwartet.
Er ist wie ein Baum am Bachufer,
wird unter grünen Blättern Frucht
bringen,
und seine Spuren wird der Wind nicht
verwehen.
Er ist ein Mensch in Gottes Hand
und wird ein Beispiel der Hoffnung
sein für viele,
die für sich und die Erde nichts mehr
erwarten.
Johannes Hansen
nach Psalm 1
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Jetzt tue ich nichts
Jetzt renne ich nicht und eile mich
nicht,
jetzt ruht mein Wille, jetzt plane
ich nicht,
jetzt tu ich nichts und atme den
Frieden,
lasse mich nur von meinem Vater lieben.
Jetzt werde ich still, jetzt ruhe ich
lind,
bin sorglos und frei wie ein
schwaches Kind,
jetzt tu ich nichts und atme den
Frieden,
lasse mich nur von meinem Vater
lieben.
Dieweil mich die Stille, das Licht
erfreut,
erfüllt, überflutet, beseelt und
erneut,
dieweil ich nichts tue und atme den
Frieden,
lasse mich nur von meinem Vater
lieben:
reifen neue Früchte, um andre zu
laben,
reift still neuer Sieg, neue Kraft,
reiche Gaben,
dieweil ich nicht tue und atme den
Frieden,
lasse mich nur von meinem Vater
lieben.
Erzsébet
Túrmezei
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Zum Leben kommen
Ernst Ginsberg (1904-1964), als
großer Schauspieler auf die Sprache der Stimme und des Körpers
angewiesen, hat als stummer und gelähmter Mensch seinem Denken und Fühlen
in Gedichten Ausdruck gegeben.
Dem
kranken Freunde
Als ich die Sprache verlor, hab
ich die Sprache gefunden
Also sei Gott uns gnädig: Wir
Sterbenden werden gesunden.
Duell
Ich werde dir zeigen, was ich kann
spricht der Tod:
Ich mache aus dir einen Jammermann
in der Not.
Ich werde dir zeigen, was der Mensch
ist
spricht das Herz:
In Jammer zerbrechend bleibt er ein
Christ
auch im Schmerz.
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Was zählt?
Alles bleibt,
Nicht nur, was von der Kamera
oder vom Bandgerät aufbewahrt wurde.
Alles bleibt.
Für Gott ist unser Gestern so
wirklich wie unser Morgen.
Für Gott gibt es keine abgelegten
Terminkalender,
keine Müllabfuhr des Vergangenen.
Für Gott bleibt alles aktuell.
Jedes Leben ist ihm ein Ganzes.
Und der Mensch, der dieses Leben
lebte,
muss es als Ganzes verantworten.
Was wird dann zählen?
Werden sich die roten Eintragungen im
Terminkalender als die wichtigsten erweisen?
Wird das Problem der Steuerschuld das
sorgenvollste sein?
Oder werden dann ganz andere Dinge
unser Glück und unseren Kummer ausmachen?
Dinge, denen wir eigentlich
zu wenig Aufmerksamkeit schenken,
weil sie nicht im Terminkalender
stehen?
Rochus Spiecker
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Deine hilfreichen Ordnungen
Ich irrte auf der Erde,
gäbe es nicht deine liebevollen
Gebote,
deine menschlichen Weisungen.
Sie hindern mich, unmenschlich zu
werden.
Öffne mit die Augen, dass sie sehen,
wohin deine Wegzeichen führen.
Verstehen will ich den mir
zugedachten Weg.
Einsichtig wird er durch dein vertrautes
Wort,
das den Weg heimatlich macht.
Ich irrte lange, was mir nicht gut
bekam.
Nun kann ich aufatmen, kann aufleben.
Dein Wort weist mich zurecht.
Die Grenzen deiner Gebote sind mein
Heil,
deinen hilfreichen Ordnungen sinne
ich nach.
Wenn ich doch nur meine ganzes Leben
in deinen Geboten bleiben könnte.
Doch bleibe ich der Erde verhaftet,
bin ihr verfallen, wenn du nicht
hilfst.
Lass mich so leben, wie es dir
gefällt.
Mach meine Schritte auf dieser Erde
sicher.
Kurt Wolff nach
Psalm 119
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Lied am
Grabe
Niemand weiß,
wie lange werden wir noch sein,
morgen oder
heute holt der Tod uns ein.
Keiner kann uns
helfen, jeder stirbt allein,
und es bleibt am
Ende nur ein Grab, ein Stein.
Alle unsre Namen
wird der Wind verwehn,
oder ruft uns einer,
dass wir fortbestehn?
Kann es ein,
dass Gott uns einst vom Tod befreit und in Freude wandelt alles
Menschenleid?
Ob wir dann wie
Kinder vor dem Vater stehn
und mit neuen
Augen seine Wunder sehn?
Oder sind das
Träume, die wir uns erdacht?
Wer von uns ist
jemals aus dem Tod erwacht?
Einen sah ich
sterbend in das Leben gehn,
und ihm will ich
glauben, dass wir auferstehn.
Lothar Zenetti
(aus: Lothar
Zenetti: Die wunderbare Zeitvermehrung. Variationen zum Evangelium,
Pfeiffer München)
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Gott, mitten am Tag komme ich zu dir.
hörst du mich?
Ich bringe
keinen Glauben und habe keinen Frieden.
Dir in die Hände
lege ich Sorge, Zweifel und Angst.
Sei bei mir,
damit ich bei dir bin.
Führe mich,
damit ich dich finde.
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Zu groß zu laut,
zu leer
Wir bauen
Kirchen in unsere Welt,
das fällt uns
leicht,
sie sollen
bezeugen, dass Gott bei uns wohnt.
Doch selber zu
zeigen, wie nahe Gott ist,
das fällt uns
schwer,
so bauen wir
Kirchen in unsere Welt,
manchmal zu
groß.
Wir läuten
Glocken in unsere Welt,
das fällt uns
leicht,
die sollen
erklingen als mahnender Ruf.
Doch selber
Menschen erinnern an Gott,
das fällt uns
schwer,
so läuten wir
Glocken in unsere Welt,
manchmal zu
laut.
Wir halten Reden
in unsere Welt,
das fällt uns
leicht,
sie sollen den
Glauben begründen und lehrn.
Doch selber
täglich den Glauben bewährn,
das fällt uns
schwer,
so halten wir
Reden in unsere Welt,
manchmal zu
leer.
Lothar Zenetti
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Verheißung
Menschen
die aus der
Hoffnung leben
sehen weiter
Menschen
die aus der
Liebe leben
sehen tiefer
Menschen
die aus dem
Glauben leben
sehen alles
in einem anderen
Licht
Lothar Zenetti
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Die Engel
steigen auf und nieder
Die Engel
steigen auf:
Sie nehmen meine
Einsamkeit mit
und tragen sie
vor Gott.
Die Engel steigen
nieder:
Sie bringen mir
die Botschaft
von Gottes
Liebe.
Die Engel
steigen auf:
Sie nehmen meine
Verfehlungen mit
und tragen sie
vor Gott.
Die Engel
steigen nieder:
Sie bringen mir
die Botschaft
von Gottes
Barmherzigkeit.
Die Engel
steigen auf:
Sie nehmen meine
Ängste mit
und tragen sie
vor Gott.
Die Engel
steigen nieder:
Sie bringen mir
die Botschaft
von Gottes Segen
und Verheißung.
So will ich denn
getrost und mutig weitergehen.
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Der Weg in
die Freiheit
Wir können im
Grunde nur leben,
wenn wir wieder
einmal
einen neuen
Anfang machen dürfen.
Und das sagt der
christliche Glaube:
Du darfst, immer
wieder, ein Leben lang,
neu anfangen.
Im Gebet aber
werde ich dann
mit großer
Ehrlichkeit von dem reden,
was
schiefgegangen ist, was unrecht war,
worin mein
Unglaube besteht,
und um Vergebung
bitten.
Und dafür
danken, dass es das gibt:
Vergebung und
Neuanfang.
Es gibt keinen
anderen Weg in die Freiheit
als den Glauben
an die Vergebung.
Abspringen von
sich selbst.
Sich Gott in die
Arme werfen.
Sagen: Nimm mich
auf. Trotz allem.
Und dabei frei
werden.
Endlich frei und
festgehalten
über dem Abgrund
der Liebe Gottes.
Jörg Zink
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Glücklich, die
einen Berg von einem Maulwurfshügel unterscheiden können,
es wird ihnen
viel Ärger erspart bleiben.
Glücklich, die
fähig sind, sich auszuruhen und zu schlafen,
ohne dabei ein
Entschuldigung zu suchen.
Sei werden
„weise“ genannt werden.
Glücklich, die
schweigen und zuhören können,
sei werden viel
Neues lernen.
Glücklich seid
ihr, wenn ihr ein Lächeln bewundern könnt.
Euer Weg wird
voller Sonnenschein sein.
Glücklich seid
ihr, wenn ihr das Benehmen anderer wohlwollend beurteilen könnt.
Man wird euch
für naiv halten, aber die Liebe wird euch Recht geben.
Glücklich, die
vor dem Handeln nachdenken und vor dem Nachdenken beten.
Sie werden viele
Dummheiten vermeiden.
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Auf den
Morgenstern hoffen
Nicht in der
Finsternis versinken
und in der
Schwärze der Nacht,
sondern hoffen
auf den
Morgenstern, der in der Ferne glüht.
Den Stimmen
wehren,
die aus der Tiefe
hervorbrechen,
und lauschen
lernen
auf das Wort,
das dich treffen wird.
Nicht das Herz
verhärten
unter der
Bedrohung dunkler Mächte,
sondern es
öffnen
der Verheißung,
die sich erfüllen wird.
Barbara Cratzius
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