Liturgisches
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Meditationen | Meditative Texte
| Teil 2            
Warum bist du
nicht Sussja gewesen?
Vor dem Ende
sprach Rabbi Sussja: "In der kommenden Welt wird man mich nicht
fragen: Warum bist du nicht Mose gewesen? Man wird ich fragen: Warum bist
du nicht Sussja gewesen?" - Damit will gesagt sein, dass wir zwar
die großen Vorbilder in der Heiligen Schrift vor uns haben, aber gemessen
werden wir nicht an den Heroen des Glaubens, sondern an uns selbst. Haben
wir in unserem Leben bewährt, was die Gnade Gottes in uns gelegt hat,
oder haben wir unsere Tage mit leerem Geschwätz verbracht?
Wir haben die großen
Vorbilder, denen wir nicht gewachsen sind. Wer von uns hätte den Glauben
Abrahams, wer die Gotteserkenntnis unseres Lehrers Mose, mit dem Gott von
Angesicht zu Angesicht wie ein Mann mit seinem Freunde gesprochen hat,
wer von uns könnte sein Herz erheben wie David, der Dichter der Psalmen?
Der Christ bemüht sich ... in der Nachfolge Christi seinem Meister immer
ähnlicher zu werden. Wem aber gelingt das? - Aber das, was in uns gelegt wird, so
viel oder sowenig es sein mag, das sollten wir nutzen.
Schalom
Ben-Chorin
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Immer bist du
nah
Wenn wir uns
dein Wort verkünden
wenn wir hören,
wenn wir fragen
wenn wir uns im
Glauben finden
und darauf zu
leben wagen -
immer bist du
nah.
Wenn gemeinsam
Brot wir brechen
um dein Wirken
zu verstehen
wenn wir von dem
Auftrag sprechen
und dann
auseinandergehen -
immer bist du
nah.
Wenn wir Krieg
und Unrecht sehen
und für Frieden
demonstrieren
wenn wir auf die
Straße gehen
und die Zukunft
diskutieren -
immer bist du
nah.
Wenn wir
zueinander stehen
hungern nach
Gerechtigkeit
wenn wir
Menschen elend sehen
und zu helfen
sind bereit -
immer bist du
nah.
Lothar Zenetti
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"Gott
hat längst Wohlgefallen an deinem Werk"
Die jüdische
Überlieferung berichtet: Abba Tachna, der Fromme, ging am Rüsttag auf den
Sabbat, als es dunkel wurde, zu seiner Stadt und trug ein Bündel auf der
Schulter. Da traf er einen Aussätzigen, der an einem Scheideweg lag.
Dieser sprach zu ihm: "Rabbi, tu an mir ein Werk der Barmherzigkeit
und bringe mich zur Stadt!" Er sprach bei sich: "Wenn ich mein
Bündel liegenlasse, woher sollen ich und mein Haus den Unterhalt am
Sabbat nehmen? Und wenn ich den Aussätzigen liegenlasse, verschulde ich
mich an meiner Seele."
Was also tat
Abba Tachma? Er brachte den Aussätzigen zur Stadt, kehrte wieder um,,
nahm sein Bündel und kam mit der Dunkelheit in der Stadt an, als der
Sabbat schon begonnen hatte. Es wunderten sich aber alle, die das sahen,
und sprachen: "Ist das Abba Tachna, der Fromme?" Auch Tachna
selbst dachte darüber nach, ob er nun den Sabbat entheiligt hatte. In
jener Stunde aber ließ Gott die Sonne aufstrahlen, und eine Stimme
sprach: "Geh, iss mit Freude dein Brot und trinke Wein, denn längst
hat Gott Wohlgefallen an deinem Werk."
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Gebet-Meditation
Beten heißt
- unruhig sein
und einen Mittelpunkt suchen
- von sich
absehen, um viel zu sehen
- nach oben
schauen, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren
- sich der
göttlichen Wahrheit aussetzen
- sich auf das
Abenteuer mit Gott einlassen
- erkennen, dass
Gott uns alles schenkt, damit wir ihm alles schenken können
- zu Gott rufen,
weil er uns berufen hat
- sein Herz leer
machen, damit Gott es füllen kann
- die Rätsel
Gottes mehr lieben als die Lösungen der Menschen
- sich an Gott
verlieren, um sich selbst zu entdecken
- Gott Zeit
schenken, weil er uns die Ewigkeit schenkt
- Gott bitten,
uns zu helfen, dass wir seinen Willen tun
- sich an Gottes
Größe und des Menschen Würde erinnern
- von Gottes
Wort ergriffen werden:
das heißt beten.
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Sehen und
nicht sehen
Das ist des
Glaubens besondere Art,
dass er damit
umgeht und das glaubt,
was noch nicht
gegenwärtig ist.
Denn was
vorhanden ist,
braucht man
nicht zu glauben:
man fühlt's und
sieht's.
Wenn ein reicher
Mann,
der Geld und Gut
die Fülle hat, schon glaubt,
er würde dies
Jahr nicht Hungers sterben,
das ist kein
Glaube.
Wer aber keinen
Vorrat hat
und sich dennoch
an Gottes Wort hält,
Gott werde ihm
als Vater seine Nahrung schaffen,
sofern er sich
in Gottesfurcht hält
und seinem Beruf
nachkommt,
der glaubt
recht.
Martin Luther
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Weg des
Glaubens
Du, wenn du auf
der Straße des Glaubens wanderst
Sieh nicht
zurück, verweile nicht,
Du, der du den
großen Kreislauf begriffen hast,
Vertrau auf
Gott, die Welt wird Seinen Tag erkennen.
Versuche nicht,
Vergangenes erneut zu erleben,
aber
geringschätze nicht
Den Wein, den du
einst kanntest.
Das Evangelium
sprengt immer das Gefäß von
gestern:
Der Wein kommt
frisch für dich.
Zwei treffen,
drei begegnen sich an der Straßenbiegung
Wandern mit dem
einen Herrn.
Jeder muss im
gleichen Kreise weiterwandern
Gemeinsam seinem
Worte treu.
Du, wenn du die
wunderbare Fernstraße Gottes wanderst
Ohne Karte,
voran in Richtung Himmel,
Mit dem Einen,
den vielen, die niemals rasten,
Sieh nicht
zurück, verweile nicht.
Mervyn Wilson 1991
engl. Original
"You who would travel the highway of faith
/ Do not look back, do not stay, / You who have grasped the great circle
/ Trust God, the world will own his day. // Do not try to recapture, but
do not devalue / The vintage once you knew. / The gospel ever explodes
yesterday's vessel, / The vine comes fresh for you. // Two meet, three
meet at a turn on the road / Travelling with the one Lord. Each must move
on within the same circle / True together to his word. // You who would
travel God's great highway / Unmapped, ahead, Heaven's way, / With the
one, with many never at rest, / Do not look back nor stay."
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Was sage ich
...?
Was sage ich
einem Menschen
der am Ende ist
Was sage ich ihm
unter vier Augen
in seine Sorgen
am Grab der
Liebe in sein Alleinsein
am Krankenbett
in seine Schmerzen
im Todeskampf in
seine Angst?
Sage ich auch:
Kann man nichts
machen
es erwischt
jeden einmal
nur nicht den
Mut verlieren
nimm's nicht so
schwer
vielleicht ist's
morgen besser
Sage ich das?
Sage ich nichts
als das?
Ich sollte doch kennen
den einen und
einzigen Namen
der uns gegeben
ist
unter dem
Himmel.
Ich kenne ihn
auch und doch
schweige ich ...
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Ich überwinde
Ich bin
kleingläubig.
Jede Flut in
meinem Leben ist zurückgewichen.
Doch das habe
ich vergessen.
Wenn die große
Flut erneut gegen mich anbrandet,
bin ich in
Angst, sie könnte mich hinwegschwemmen.
Ich schreie wie
ein kleines Kind
und recke meine
Arme aus nach Hilfe.
Bin ich
kleingläubig?
Doch die Hand
meines Meisters,
der ein Herr ist
über alle Meere, hält mich fest.
In meiner Angst
und Hast vergesse ich seine Hand
und schaue nach
anderer Hilfe aus,
doch ich bin
geborgen.
Die Flut verging
schnell wie ein Traum,
und doch
erschreckt sie immer wieder
mich in meinem
kleinen Boot.
Aber seine Hand
auf meiner Schulter
lässt mich auf
den Fluten spielen
und sie sicher
überwinden.
Und immer wird
mich das Nahesein
meines Herr und
Meisters erfreuen.
M.A.Thomas
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Erfahrung und
Gnade
Die tiefste
Erfahrung
von sich selbst,
zu der der
Mensch in seiner Natur
und in der
Gesellschaft vordringt,
lautet nicht
Freiheit,
sondern
Ohnmacht.
Die tiefste
Erfahrung
vom Gelingen
menschlichen Lebens
ist nicht die
Erfahrung von eigener Macht,
sondern von
Gnade.
Die tiefste
Erfahrung
des Menschen ist
nicht der Mensch,
sondern Gott.
Carl Friedrich
von Weizsäcker
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