Wandern in Norwegen – wie pack ich’s an?
Eine
mehrtägige Tour im norwegischen Fjell bedarf einiger Vorbereitung und setzt
Grundkenntnisse zum Verhalten im Fjell und auf den Hütten voraus. Ich
stelle hier die wesentlichen Vorbereitungsschritte und Informationen
zusammen.
1. Gebiet und Route auswählen
Wohin in Norwegen?
Das
ist die erste Frage. Eine Hilfe bei der Auswahl ist die Übersicht auf der
Tourenplanungsseite www.ut.no/turomrade: Wählen Sie
ein Gebiet – norwegisch „turområde“ – indem Sie
mit dem Mauszeiger über die Landkarte fahren. Mit einem Doppelklick öffnen
Sie die Seite, die Ihnen einen Überblick über die gewählte Region gibt.
Wenn Sie kein Norwegisch verstehen, so können Sie immerhin auf der rechten
Seite die Landkarte aufrufen, die auf google bzw.
auf einer anderen netzbasierten Kartenquelle basiert. Durch Klicken auf die
Hüttensymbole oder die rot eingezeichneten Wanderwege erhalten Sie weitere
(norwegische) Informationen.
Die
populärsten Wandergebiete sind Hardangervidda, Rondane, Jotunheimen, Trollheimen …
Auch
sehr schön, aber weniger bekannt: Fjordruta, Breheimen, Setesdalheiene …
Einsamer
ist der Norden: Saltfjell, Sulitjelmafjell,
Narvikfjell …
Kartenmaterial
Dieses Kartenmaterial reicht allerdings nicht aus,
um damit Touren zu unternehmen! Dazu braucht man ordentliche Landkarten.
Norwegens Wanderkartenproduzent ist Nordeca
(früher Ugland It), ein
Verlag, der diese Sparte vor einigen Jahren von Statens
Kartverk übernommen hat. So gut wie alle
Wandergebiete sind mittlerweile mit überarbeiteten Kartenblättern im Maßstab
1:100.000 oder auch 1:50.000 erfasst. Enthalten sind auch Wanderrouten,
Hütten und auf den Rückseiten oft Infos zur Region. Statens Kartverk produziert dagegen systematisch das ganze Land
in topografischen 1:50.000er Karten mit kleinen Blattschnitten. Hier erhält
man hervorragendes Kartenmaterial, jedoch ohne die übersichtliche rote
Markierung der Wanderwege. Auch fehlen die touristischen Hinweise. Die
Karten gibt es als Papierkarten und in einer auch bei Nässe unzerreißbaren
Kunststoffvariante.
Bei
www.ut.no
ist für jede die entsprechende Landkarte bzw. Wanderkarte angegeben.
Hilfreich
für die Planung sind auch die Übersichtskarten, die Den Norske Turistforeningen zum
Download anbietet (siehe Bild).
Was schafft man an einem Tag?
In
der Regel wird die Länge der Tagesetappe nach einer Faustregel berechnet: 3
km = 1 Stunde. In diese Berechnung werden Unterschiede in der
Geländebeschaffenheit, Vorhandensein von Pfaden, Auf- und Abstiege nicht
dargestellt. In schwierigem Gelände mit mehreren Bach- oder Flußüberquerungen, in Sumpfgebieten oder mit längeren
Anstiegen kann sich die Zeitspanne deutlich erhöhen. Dies gilt es, durch
präzises Kartenstudium bereits vorher so gut wie möglich in Betracht zu
ziehen.
2. Anreise und Abreise planen
Wie komme ich hin?
Die
meisten Fjellregionen sind durch lokale Buslinien
erschlossen. Mit Flugzeug, Zug, Boot und Bus und viel Zeit kommt man in
fast jedes Gebiet.
In
den Sommermonaten kann man zudem noch bis spät in die Nacht hinein bei
Tageslicht unterwegs sein.
Für
allgemeine Infos zu den jeweiligen öffentlichen Verkehrsmitteln der
Regionen gibt www.ruteinfo.no den besten
Überblick. Detailierte Recherchen lassen sich
mittels www.ruteboka.no
anstellen. Hier kann man sich – sofern man den genauen Namen der
Haltestelle kennt – einen persönlichen Fahrplan erstellen lassen.
Für
Langstrecken in Norwegen:
Mit
dem Flugzeug www.norwegian.no,
www.wideroe.no,
www.flysas.no
Mit
dem Zug www.nsb.no
Mit
dem Expressbus www.nor-way.no
3. Was muss mit?
DNT-Ausweis
Eine
Mitgliedschaft im DNT, dem norwegischen Wanderverein lohnt sich schon bei
wenigen Übernachtungen. Außerdem ist der Erhalt des Hüttenschlüssels von
einer Mitgliedschaft abhängig. Anerkannt werden auch Ausweise des
schwedischen und des finnischen Wandervereins, nicht anerkannt werden
Jugendherbergsausweise oder Alpenvereinsausweise.
DNT-Schlüssel
Von
Mitgliedern kann der Schlüssel entliehen oder gekauft werden. Die meisten
DNT-Hütten lassen sich damit öffnen, wenn sie nicht generell offen stehen.
Kreditkarte und/oder Bargeld
Auf
den Hütten kann man mit Bargeld bezahlen, das man passend in einem Umschlag
in den Tresor wirft. Auf dem Umschlag wird vermerkt, was konsumiert wurde
und was der gesamte Aufenthalt kostet. Alternativ lassen sich diese Angaben
auch auf einer sogenannten Einmalvollmacht („Engangsfullmakt“)
eintragen. Dort werden auch die Kreditkartendaten abgefragt. Mit der
Unterschrift erteilt man eine Abbuchungserlaubnis. In regelmäßigen
Abständen werden die Tresore geleert. Es kann aber einige Wochen dauern,
bis die Hüttenkosten abgebucht werden.
4. Verpflegung
Für
Hüttentouren im norwegischen Fjell gibt es unterschiedliche
Verpflegungsoptionen:
* alle Lebensmittel selbst mitnehmen;
*
nur Tagesverpflegung mitnehmen.
Wie
man sich hier entscheidet, hat mit der Ausstattung der Hütten zu tun (siehe
unten), mit der eigenen „Ausgabe-Strategie“ und mit der Lasten-Willigkeit.
Ein
paar Ideen für die Hütten- oder Rucksackküche gibt es hier.
Anders
als in den Alpen reicht in Norwegen meist eine kleine Trinkflasche, ergänzt
durch einen leicht erreichbaren Becher, mit dem man direkt aus den Bächen
und Flüssen schöpft. Der Vorteil eines gewissen abgefüllten Vorrats liegt
vor allem darin, dass sich das Wasser im oder am Rucksack getragen ein
wenig aufwärmen kann und nicht „eisgekühlt“ getrunken werden muss.
5. Markierungen und Wege
Weg oder Spur?
Wer
das Wandern in den Alpen gewohnt ist, wird außerhalb der allerpopulärsten norwegischen
Wandergebiete überrascht sein, dass sich zumeist keine
„Wanderer-Autobahnen“ finden. Es gibt in der Regel keine ausgetretenen
Wege, sondern maximal sehr schmale Steige, die häufig in Spuren oder nur
noch markierte Areale übergehen. Fast überall sind die Markierungen mit
roten Ts so engmaschig und gut sichtbar angebracht, dass man sich keine
Sorgen machen muss, den Weg nicht zu finden. Dies gilt zumindest bei
schönem Wetter und ohne Schnee – und solange die Markierungen durch Wind
und Wetter nicht verblasst sind. Bei Nebel oder in düsterem Regenwetter
kann es durchaus ein kleines Suchspiel sein, die jeweils nächste Markierung
auch zu entdecken. Hilfreich zur Orientierung sind die an Abzweigungen
angebrachten Wegweiser.
Zu
wissen, wie man sich mit Karte und Kompass, evtl. unterstützt durch einen
Höhenmesser vorwärts bewegt, kann nicht schaden!
GPS?
Die
Benutzung von GPS ist möglich – allerdings wird sich in den meisten Fällen
ein Energieproblem einstellen. Nur die wenigsten Geräte halten länger als 2
oder 3 Tagesetappen durch – und nur die allerwenigsten Hütten bieten die
Möglichkeit, die Geräte aufzuladen, da sie meist nur Solarstrom für die
Innenbeleuchtung erzeugen.
Brücken
In
den südlichen Wandergebieten sind deutlich mehr Brücken vorzufinden. Ein
Teil davon wird nach der Sommersaison wieder abgebaut, um Schäden bei der
Schneeschmelze zu verhindern. In den Wanderkarten sind Brücken mit einem H
für Ganzjahresbrücken und mit einem S für Sommerbrücken gekennzeichnet.
Die
Sommersaison beginnt in der Regel Anfang Juli und endet Mitte September.
Außerhalb dieser Zeiten bleibt nichts anderes, als watbare
Stellen zu suchen und Flüsse gegebenenfalls mit hochgekrempelten
Hosenbeinen und Watschuhen (z.B.
Trekkingsandalen) zu durchqueren. Dies ist auch im nördlichen Norwegen
häufig die einzige Möglichkeit, da Brücken hier dünner gestreut sind.
6. Hütten
Das
norwegische Hüttennetz wird
weitgehend vom norwegischen Wanderverein DNT zur Verfügung gestellt.
In einigen Regionen gibt es auch eine Anzahl von privaten Hüttenbetreibern
und bewirtschaftete Fjellstuer im Privatbesitz.
Generell
werden drei Hüttenkategorien unterschieden:
Bediente Hütten
Hier
werden zu unterschiedlichen Preisen unterschiedliche Zimmergrößen angeboten
(1-3 Bett-Zimmer, 4-6-Bett-Zimmer, größerer Schlafräume). Es gibt nach
Geschlechtern getrennte Gemeinschaftswaschräume, manchmal mit Münzduschen.
Die Toiletten sind meistens als Utedo konzipiert,
also als Plumpsklo-Anlagen außerhalb des Hauses. Frühstück und Abendessen
werden gemeinsam eingenommen (wenn man sich nicht mit Campingkocher draußen
verpflegt).
Selbstbediente Hütte
Ankommen,
Zimmer aussuchen, Holz und Wasser holen, Kamin anschüren, Essen kochen. So
könnte ein Abend in einer selbstbedienten Hütte aussehen. Die Lebensmittel
kann man entweder selbst mitbringen oder dem Lager entnehmen. Man findet
Konserven, Tütensuppen, Nudeln, Reis, Knäckebrot, Tomatmakrel
und diverse Aufstriche. Das meiste ist für 2 oder mehr Personen geeignet,
für Einzelwanderer ist es nicht ganz leicht, sich aus dem Lager zu
versorgen, ohne Reste zu produzieren. In Miniportionen gibt es Kaffee,
Zucker, Marmelade und Leberwurst. Proviantpreisliste
Unbediente Hütten
Diese
Hütten sind im Wesentlichen so ausgestattet wie selbstbediente Hütten,
haben aber keine Lebensmittelvorräte.
Auf
Wanderkarten sind die drei DNT-Hüttentypen durch unterschiedliche Symbole
gekennzeichnet.
bedient selbstbedient unbedient
Dieselben
Symbole in blauer Farbe werden für Hütten derselben Kategorie in privatem
Besitz verwendet.
Nach Lage und Betreuung unterschiedlich ist bei
einem Teil der Hütten ein Schlüssel für das DNT-Standardschloss
erforderlich. Dieser Schlüssel ist für DNT-Mitglieder für ein Pfand
(Depositum, derzeit 100 NOK) erhältlich. Ob eine Hütte damit verschlossen
ist, kann man im Online-Hüttenverzeichnis des DNT recherchieren.
In
vielen Regionen sind die Hütten ganzjährig zugänglich. Es gibt aber
Ausnahmen – z.B. bedingt durch die Jagdsaison oder im Blick auf den Schutz
von Jungtieren zu bestimmten Jahreszeiten. Auch die Öffnungszeiten sollte
man zuvor im Internet überprüfen auf www.turistforeningen.no
oder www.ut.no.
das Hüttenleben - Fotogalerie
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