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Predigten zum Neuen Testament

 

 

45. JG. 2011/2012

DIE LESEPREDIGT

Trinitatis

03.06.2012

Wie Kinder fromm und fröhlich sein

Text: Epheser 1,3-14

 

1. Wir sind von Gott auserwählt als seine Kinder. Das ist es, was den Autor des Briefanfangs so begeistert, dass er gar kein Ende mehr findet.

Gottes Kinder sind wir! Ob wir diese Begeisterung teilen können? Auserwählt als Kinder Gottes. - Ausgerechnet Kinder. Kinder, die können noch so Vieles nicht, dürfen vieles nicht, sind doch noch gar nicht so richtig fertige Menschen ... und immer in der unterlegenen Position. Da möchten wir Gott doch lieber als gleichwertige Partner gegenüberstehen. Wir sind ja erwachsen und im Gegensatz zu den Kindern in der Lage, selbst die Verantwortung für unser Leben zu tragen, oder?

 

2. Kind sein in unserer Zeit heute – ist das denn reizvoll? Vielleicht in einer romantischen Minute, wenn man Kinder einträchtig spielen sieht und sie Zeit zu scheinen haben für alles Unwichtige im Leben.

Aber wer die Lage in unserer Gesellschaft ernst nimmt, sieht doch, dass Kinder ein Problem, ja manchmal geradezu eine Bedrohung sind. Sie bedrohen die Finanzlage des Staates und der Kommunen, weil Krippen, Kindergärten, Schulen, Horte, Klassenausflüge usw. irgendwie bezahlt werden müssen. Und nicht alle Eltern können das selbst leisten. Kinder bedrohen also den Wohlstand ihrer Eltern und der Steuerzahler. Kinder sind Armutsrisiko Nummer 1 in Deutschland.

Manche Kinder bedrohen auch ihre Lehrer (wie uns die Medien regelmäßig berichten). Sie scheinen außer Kontrolle zu geraten. Lehrer und Eltern sind wegen ihnen am Rande der Erschöpfung. Sie hindern die Eltern am Schlaf und an der Selbstentfaltung.

Und das andere Problem: Es werden zu wenig Kinder geboren – auch das ist bedrohlich. Und auf der Zukunft der Kinder liegt eine große Last in einer alternden Gesellschaft. Das ist nicht die einzige Bedrohung für Kinder.

Trotz aller Bemühungen um eine kindergerechte Gesellschaft, ist für Kinder das Leben keineswegs leicht. Die Erwachsenenwelt drückt ihnen schnell ihr Siegel auf:

Die einen kümmern sich viel zu viel um ihre Kinder und wollen sie nach ihren Vorstellungen gestalten, ihr eigenes Bild und ihre eigenen Träume in ihren Kindern verwirklichen.

Die anderen kümmern sich zu wenig und verhindern eine gesunde Entfaltung ihrer Kinder.

Die einen erwarten zu viel von ihren Kinder, die Kinder haben volle Terminkalender wie Erwachsene, jagen von Ballett zu Nachhilfe und Flötenstunde. So dass Kinder bereits wegen Stresssymptomen behandelt werden müssen. Wie kleine Erwachsene.

Die anderen erwarten zu wenig, unterfordern und interessieren sich nicht genug.

Oft werden Kinder missbraucht als Spielzeug unerfüllter Eltern oder als Kitt ihrer gefährdeten Ehe. Sie werden eher wie Sachen behandelt, mit denen man machen kann, was man will, statt mit Achtung und Respekt.

 

3. Doch Kinder sind keine Objekte, keine Sachen, über die man verfügen könnte. Sie sind Subjekte, Menschen, Personen, Persönlichkeiten. Bei jeder Taufe wird das so genannte Kinderevangelium vorgelesen: Kinder werden zu Jesus gebracht und Jesus soll sie segnen. Die Jünger wollen sie wegschicken. Doch Jesus stellt ein Kind in die Mitte: „Für Menschen wie sie ist das Himmelreich bestimmt. Wer nicht wie ein Kind voller Vertrauen zu Gott kommt, dem bleibt das Reich Gottes verschlossen.“

Jesus sieht Kinder als eigenständige, ernst zu nehmende Persönlichkeiten, denen der Segen Gottes gehört. Zur Zeit Jesu war es eher ungewöhnlich, ein Kind so in den Mittelpunkt zu stellen. Die Rolle von Kindern grenzte eher an etwas Materielles: Kinder waren Investitionen in die Zukunft, gewissermaßen die Lebensversicherung der Eltern – und Ausdruck für die Bedeutung der eigenen Sippe.

Jesus macht deutlich: Kinder sind Menschen wie Erwachsene auch. Und: Kinder gehören Gott und sie gehören zu Gott. Sie gehören nicht den Menschen, auch nicht ihren Eltern.

 

4. Warum sind Kinder in Gottes Augen so besonders und geradezu vorbildhaft? Um das zu verstehen, sehen wir uns ein paar Eigenarten der Kinder näher an:

Kinder sind neugierig und wollen den Dingen auf den Grund gehen. Sie fassen alles an, ob sauber oder dreckig. Während die Erwachsenen Abstand halten und lieber reden und diskutieren, probieren Kinder aus, wie sich etwas anfühlt oder schmeckt ... Sie stellen sich vor jemanden hin und schauen ihn völlig schamlos von oben bis unten an. Und sie sind ehrlich und unverstellt, manchmal ist das etwas peinlich für die Eltern ... Sie lassen sich schnell begeistern, jetzt und sofort. Sie haben sich noch nicht die vorsichtige und kritische Distanz der Erwachsenen angeeignet.

Neugierig, begeisterungsfähig, ehrlich. Und dann das Vertrauen. Dafür werden sie von Jesus besonders gelobt. Kinder können vertrauen. Malen Sie sich ein Kind aus – natürlich muss es beim Familienspaziergang auf den unmöglichsten Brüstungen balancieren. Während Omas, Mütter und Väter Todesängste ausstehen, ist der kleine Junge 100% überzeugt, dass der Papa ihn schon auffangen wird, wenn er sich ihm ohne Nachdenken in die Arme stürzt. Grenzenloses Vertrauen in die Hand, die ihn halten wird.

Wenn Kinder wirklich Kinder sind, dann tun sie genau das, wozu Gottes Kinder da sind: sich bedenkenlos in die Hände Gottes fallen lassen; ihn loben mit einfach mit dem Leben, ohne groß darüber nachzudenken. Sie sind etwas zum Lob von Gottes Herrlichkeit – wie es im Predigttext gleich dreimal heißt.

 

5. Können Erwachsene so kindlich leben? Ist es möglich zur Unmittelbarkeit eines Kindes zurück zu kehren und wie Kinder die Distanz aufzugeben, alles anzufassen, die Skepsis sein zu lassen? Sich trauen zu weinen, sich Dinge ans Herz gehen zu lassen? Einfach ist das vielleicht nicht, aber man kann (und muss) es üben: anfangen, die kleinen Dinge im Leben wieder ernst zu nehmen, sich anrühren zu lassen – von Schönheit und von Leid.

Etwas, worin Kinder den Erwachsenen weit voraus sind, ist ihre Fähigkeit zu nehmen, wenn ihnen etwas geschenkt wird. Natürlich trichtern ihnen die Erwachsenen deshalb ein: Nimm nichts von fremden Leuten. So richtig dies ist, um Kinder vor Gefahren zu schützen: Es wird auf diese Weise doch auch Misstrauen in Kinderherzen gesät! Außerdem lernen Kinder von Erwachsenen, dass man eigentlich nicht einfach nehmen kann, - wer nimmt, muss auch geben. Das entspricht überhaupt nicht dem, was Kinder spontan tun: Sie erwarten, dass sie versorgt werden, ohne etwas dafür zu tun. Diese Erwartung ist gut und gesund!

Der sardische Schriftsteller Gavino Ledda erzählt in seinem autobiografischen Roman „Padre Padrone“ von seiner Kindheit. Gavino ist Schafhütejunge auf Sardinien. Er beschreibt, wie er schon als 5-Jähriger erwachsen sein musste: er musste seinen Unterhalt mit schwerer Arbeit selbst verdienen. „Du bist nicht wert, was du isst“, wird er gescholten, wenn er zu wenig hart arbeitet.

Du bist nichts wert, wenn du nicht ... - ... erfolgreich bist, jung und leistungsstark bist,  ...

Solche Stimmen kommen von außen, aber auch von innen. Das sagen uns andere: Chefs, Ehepartner, aber wir sagen es uns selbst auch. Ich bin, was ich leiste. Ist das nicht ein sehr grundlegender Gedankengang, den jede und jeder kennt? Dieser Anspruch ist wie ein Siegel, das uns tief eingeprägt ist, hinein gestempelt in das weiche Wachs unseres Lebens. Aber es das falsche Siegel. Nicht das Siegel, das Gott uns, seinen Kindern, einprägen möchte.

In unserem Predigttext hören wir nämlich etwas ganz anderes: Bevor du irgendetwas leistest und leisten kannst, bist du schon erwählt und von Gott zu seinem Kind bestimmt, zu einer vollwertigen Person. Erlöst und befreit von allen anderen Ansprüchen. Dafür steht Gott mit dem Leben, Sterben und Auferstehen seines eigenen Sohnes ein.

 

6. Niemand muss mehr sein, als er ist: von Gott erwähltes Kind. Aber das dürfen wir: „wie Kinder fromm und fröhlich“ sein. So lautet eine Zeile in dem bekannten Abendlied Der Mond ist aufgegangen. „Wie Kinder fromm und fröhlich“ sein – zum Lob Seiner Herrlichkeit. So wird Gott gelobt.

 

7. Nicht Eltern, nicht die Gesellschaft haben das Recht, uns ihr Siegel einzuprägen, sondern wir tragen das Siegel Gottes, wie es im Predigttext heißt: wir gehören Gott als seine Kinder. Das feiern wir in der Taufe. „Du gehörst zu Christus dem Gekreuzigten und Auferstandenem“. Um dies deutlich zu machen, wird dem Täufling bei der Taufe mit dem Finger ein Kreuz auf die Stirn gezeichnet. „Weil du zu ihm gehörst, darfst du leben wie ein Kind, ein Kind Gottes – neugierig, begeistert, ehrlich, voll Vertrauen - und kannst entwickeln, was in dich hineingelegt ist – zum Lob Gottes.“

Amen.

 

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Letzte Aktualisierung: 12. Dezember 2014

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