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48. JG. 2014/2015

DIE LESEPREDIGT

2. Sonntag im Advent

07.12.2014

Zukunftserwartung

Text: Lk 21,25-33

 

1. Mitten in der Adventszeit befassen wir uns mit dem Ende der Welt. Passt das zusammen? Wir wollen die Ankunft Jesu feiern: den Neuanfang, den Gott mit seiner Welt macht. Neubeginn, neues Leben, Licht in der Finsternis, Gott mitten unter den Menschen. Jedes Jahr im Advent warten wir auf die Ankunft Jesu, obwohl wir bereits wissen: er ist gekommen. Wir kennen sie schon, die Geschichte von dem kleinen Kind, in dem Gott Mensch wird; von dem Mann Jesus, der in seinem Leben, seinem Reden und Handeln sichtbar macht, wie sich Gottes Gegenwart und Gottes Herrschaft in unserer Welt ereignet. Von der Krippe zum Kreuz führt sein Weg, und zur Auferweckung von den Toten.

Damit sind mehrere Stichworte genannt, die unseren Predigttext interessant machen gerade für die Adventszeit – eine Zeit der Erwartung. Advent heißt Ankunft. Der Predigttext spricht von einem zweiten Advent, einer weiteren Ankunft – von der Wiederkunft Jesu. Er wendet sich in die Zukunft, in die Zukunft Gottes mit seinen Menschen, mit seiner Welt.

 

2. Es liegt noch nicht lange zurück, dass die Zukunft die Menschen in unserer Gesellschaft mehr beschäftigte als heute. In den 80erJahre hatte das Schlagwort „No future“ Konjunktur. Zum ersten Mal nach einigen Jahrzehnten des Aufschwungs ging es in einer deutlichen Kurve nach unten. Arbeit wurde knapp, junge Menschen fürchteten um ihre Zukunftschancen, machten sich Sorgen um eine gute Ausbildung oder um einen Arbeitsplatz. Ein harter Konkurrenzkampf, viele wurden entmutigt und verloren die Energie. Manche verweigerten sich dem Zukunftskampf. Die Älteren nannten diese Jungen „Null-Bock-Generation“.

In dieser Zeit gab es aber auch ein breites und starkes Engagement für die Zukunft: nicht nur die des Arbeitsmarktes. Vielen Menschen wurde verstärkt bewusst, dass sie Verantwortung trugen für die Zukunft der nächsten Generationen, und dass es notwendig war, sich für den Schutz der Umwelt und für Gerechtigkeit zwischen Nord und Süd einzusetzen. Der Ökumenische Rat der Kirchen lenkte die Aufmerksamkeit auf den sogenannten Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung.

Heute scheint in Deutschland die Beschäftigung mit der Zukunft offenbar nicht mehr so vordringlich und allesbestimmend. In anderen Ländern blicken Menschen allerdings mit viel mehr Sorgen in die Zukunft – denken wir an Griechenland, oder an die vielen Krisenregionen in unserer Welt.

Wir hingegen beschäftigen uns mit der Gegenwart. Das Jetzt ist der neue Trend. Die Ratgeberliteratur, viele Angebote der Lebensberatung, Coachings und Psychologen wollen den Menschen helfen, das Leben zu bewältigen und zwar nicht in der Zukunft, sondern jetzt, heute, … Das große Thema für Menschen, die wach und aufmerksam durch das Leben gehen möchten, ist: „Achtsamkeit“. Dieses Konzept stammt zwar aus dem Buddhismus, aber es findet generell bei spirituellen Menschen, auch bei Christen, Anklang. Achtsam mit dem umgehen, was Gott den Menschen anvertraut hat, mit der Umwelt, der Zeit, mit den anderen Menschen – jeden Tag, jede Minute als Gabe und als Aufgabe Gottes betrachten. In dieser Weise lässt sich „Achtsamkeit“ gut mit Grundhaltungen des Christentums verbinden. Leben im Hier und Jetzt. Gott im Alltag entdecken, in den kleinen Dingen des Lebens. Das sind auch zentrale Themen von Predigt und Seelsorge geworden. Es ist eine wichtige Frage, wie Menschen die Gegenwart Gottes heute erfahren können. Wir Menschen der Postmoderne glauben nicht mehr einfach, was uns gesagt wird. Und wir lassen uns nicht vertrösten. Wir wollen Gott begreifen, erfahren und erkennen. Und zwar jetzt. Und je mehr wir uns darauf konzentrieren, desto weniger spielt das eine Rolle, was über den Moment und über die nächste Lebensspanne hinausgeht. Die Zukunft wir ausgeblendet, vergessen. Diese Art von Zukunftsvergessenheit passt zu einer Zukunftsvergessenheit im umfassenderen Sinn. Wenn wir überhaupt an die Zukunft denken, dann maximal an die, die vom Ende unseres Lebens begrenzt wird. Wenn es hoch kommt, denken wir eine oder zwei Generationen weiter. Nur wenigen kommt in den Sinn, was den biblischen Texten völlig selbstverständlich ist: dass es eine Dimension des Lebens gibt, die über unsere menschliche Existenz zwischen Geburt und Tod hinausgeht. Ja, eine Dimension, die Zeit und Raum übersteigt, und für die die Bezeichnung „Ewigkeit“ zutrifft. - Nach einer langen Zeit der Jenseitsvertröstung haben viele Kirche und Christen den Gedanken eines Jenseits und die Vorstellung von Ewigkeit weitgehend ausgeblendet.

 

3. Auch die Vorstellung von einem konkreten Ende der Weltzeit, von einem letzten Gericht oder Ähnlichem ist aus dem religiösen Repertoire der Volkskirchen in Deutschland zumeist verschwunden. Dafür eignen sich diese Themen hervorragend für Kino und Fernsehen. Schauen Sie einmal die Fernseh- und Kinoprogramme von drei oder vier Wochen durch. Mit Sicherheit finden Sie ein Dutzend oder mehr Katastrophenthriller, Endzeitfilme und Zukunftsvisionen in Form von Science Fiction. Meistens geht es um den ultimativen und letzten Kampf zwischen Gut und Böse. Immer wieder haben Apokalypsen Konjunktur – zuletzt aufgrund der falsch verstandenen Maya-Prophezeiungen von 2012.

Immer wieder sind es kleinere Gruppen, in denen die Vorstellung von der Endzeit an Bedeutung gewinnt. Im 19. Jahrhundert beispielsweise waren einige Gruppen überzeugt davon, dass es in absehbarer Zeit zum Zeitenende kommen würde. Dies führte zur Entstehung von christlichen Freikirchen und Sondergemeinschaften wie etwa der Siebenten-Tags-Adventisten oder auch der Zeugen Jehovas. Leben im Angesicht des nahenden Endes, - damit war die Erwartung der Wiederkunft Christi verbunden. Es ging darum, vorbereitet zu sein, die Dinge zu ordnen.

Dass Christus wieder kommen wird, bekennen wir jeden Sonntag im Glaubensbekenntnis. Die Schriften des neuen Testaments zeigen, dass die Christen der ersten Generation überzeugt waren, dass die Abwesenheit Christi nach der Himmelfahrt nur von kurzer Dauer sein sollte. Sie erwarteten ihn noch während ihrer Lebzeiten zurück und hegten die Zuversicht, dass damit das Reich Gottes zur Vollendung kommen sollte: Gerechtigkeit, Liebe und Friede würden endlich über Hass, Gewalt und Ungerechtigkeit siegen. Doch dieses Ereignis blieb aus. Wie sehr dies die Gemeinden verunsicherte, kann man sich leicht vorstellen. Sie befanden sich ja ohnehin in einer Phase des Umbruchs. Sie hatten sich neu orientiert, einen neuen Glauben angenommen. Das bedeutete, dass sie auch einen neuen Platz in ihrer Gesellschaft finden mussten, und dies alles in einer Zeit, in der die politischen und gesellschaftlichen Umstände die jungen Gemeinden vor Schwierigkeiten stellten. Die Zukunft sah ziemlich düster aus. Dies ließ es umso dringender erscheinen, dass Jesus zurückkehrte. Von ihm erwarteten sie, dass er die Dinge zurechtsetzen würde und für letzte Gerechtigkeit im letzten Gericht sorgen würde. In den Evangelien - auch in unserem Predigttext - lassen sich dieses Erfahrungen und Sehnsüchte der Christen erkennen. Und die Antworten, die Jesus selbst darauf gibt. Jesus setzt in der sogenannten Endzeitrede ein mit Weltuntergangsstimmung: Menschen in Not und auf der Flucht, Kriege und Zerstörung, alle Anzeichen mahnen zu Furcht, schüren die Angst. Selbst die Naturgewalten sind außer Tritt geraten. Die Menschen werden mutlos und verlieren die Perspektive. Blick gesenkt, verbohrt in die eigenen Probleme, die eigenen Sorgen, - das Kaninchen starrt auf die Schlange. Alles, was sie sehen und erleben, bestätigt die düstere Stimmung.

Das aber ist nicht das Letzte – macht Jesus deutlich. In der Mitte der Nacht liegt der Anfang des neuen Tages. Es gilt, den Blick zu heben, und auf den zu blicken, von dem Erlösung Befreiung und Zukunft ausgehen. Diesen Blick kennen wir als Christen – es ist der Blick auf Jesus Christus, den Gekreuzigten, der am dunkelsten Punkt, am Kreuz zugleich der allergrößte Hoffnungsgeber ist. Er hat den Tod überwunden, und er lebt. Der Gekreuzigte und Auferstandene ist auch der, der kommen wird. Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht. Richtet euch auf, hebt den Kopf. Eure Rettung ist unterwegs. Die gebeugten Schultern müssen die Last der Zukunft nicht allein tragen. Menschen, die den Blick heben, aufrecht und offen durch das Leben gehen, müssen sich nicht schrecken lassen von der Dunkelheit, die sie sehen, denn sie sehen auch das Licht, die Hoffnung, die Perspektive.

 

4. Kopf hoch – Schultern aufrichten, und dann ist alles gut. Ganz so simpel ist es nicht. Nicht körperliche Übungen schaffen den Perspektivwechsel zur Zukunft, sondern eine komplette Haltungsänderung. Innerlich wie äußerlich.

Wie richten wir uns ein in unserem Leben, in unserer Welt? Wonach richten wir uns? Mit welchen Perspektiven gehen wir in die Zukunft Gottes? Und von welcher Zukunft her leben wir im Jetzt?

Wenn wir von der Zukunft Gottes her denken, dann ist es die Vision letzter Gerechtigkeit, die unser Handeln und Denken bestimmt. Wir können dann Ungerechtigkeit nicht auf sich beruhen lassen. Es ist die Vision davon, dass im Reich Gottes jeder Mensch seinen Platz hat. Wir können dann nicht akzeptieren, dass Millionen von Menschen keine Heimat haben und auf der Flucht sind. Es ist die Vision einer Welt, in der Menschen respektvoll mit Gottes Gaben umgehen: mit der Natur ebenso wie mit den Geschöpfen. Wir können dann nicht gut heißen, wenn Tiere gequält werden, die Natur geschändet und die Menschen in ihrer Würde missachtet werden. Es ist eine Vision, die sich nicht mit Vertröstungen abspeisen lässt, sondern die uns Menschen dazu bringt, aktiv daran mitzuarbeiten, dass Gottes Liebe in unserer Welt erfahrbar ist.

Wir leben zwar in einer Welt, in der es Dunkelheit, Mutlosigkeit und Kälte gibt, doch selbst in dieser Welt gibt es Zeichen, die uns in der Gewissheit bestärken, dass Gott seine Welt nicht alleine gelassen hat. - Ein Feigenbaum bekommt Blätter und zeigt damit an, dass der Sommer kommt. Die Welt bleibt nicht erstarrt im eisigen Umgriff von Sorgen, Angst und Kriegen. Die Zukunft ist nicht dunkel und kalt. Es gibt sie nämlich, die Anzeichen von neuem Leben, - Knospen und erste Blätter eines Feigenbaums. Das Reich Gottes ist nahe. Eines dieser Zeichen ist die jährliche Adventszeit.

Selbst im Winter der Welt ist der Sommer nah. Diese Zukunftshoffnung hängt nicht von der Konjunktur ab. Sie gründet in der adventlichen Erwartung auf den, der kommt, um die Welt zu erlösen. Und sie baut auf die Auferstehungshoffnung. Tod und Finsternis haben nicht das letzte Wort, sondern das Leben, das Gott schenkt.

Amen

 

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Letzte Aktualisierung: 12. Dezember 2014

© 2010-2015 Maria Stettner

 

 

 

 

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Text: Lk 21,25-33

 

1. Mitten in der Adventszeit befassen wir uns mit dem Ende der Welt. Passt das zusammen? Wir wollen die Ankunft Jesu feiern: den Neuanfang, den Gott mit seiner Welt macht. Neubeginn, neues Leben, Licht in der Finsternis, Gott mitten unter den Menschen. Jedes Jahr im Advent warten wir auf die Ankunft Jesu, obwohl wir bereits wissen: er ist gekommen. Wir kennen sie schon, die Geschichte von dem kleinen Kind, in dem Gott Mensch wird; von dem Mann Jesus, der in seinem Leben, seinem Reden und Handeln sichtbar macht, wie sich Gottes Gegenwart und Gottes Herrschaft in unserer Welt ereignet. Von der Krippe zum Kreuz führt sein Weg, und zur Auferweckung von den Toten.

Damit sind mehrere Stichworte genannt, die unseren Predigttext interessant machen gerade für die Adventszeit – eine Zeit der Erwartung. Advent heißt Ankunft. Der Predigttext spricht von einem zweiten Advent, einer weiteren Ankunft – von der Wiederkunft Jesu. Er wendet sich in die Zukunft, in die Zukunft Gottes mit seinen Menschen, mit seiner Welt.

 

2. Es liegt noch nicht lange zurück, dass die Zukunft die Menschen in unserer Gesellschaft mehr beschäftigte als heute. In den 80erJahre hatte das Schlagwort „No future“ Konjunktur. Zum ersten Mal nach einigen Jahrzehnten des Aufschwungs ging es in einer deutlichen Kurve nach unten. Arbeit wurde knapp, junge Menschen fürchteten um ihre Zukunftschancen, machten sich Sorgen um eine gute Ausbildung oder um einen Arbeitsplatz. Ein harter Konkurrenzkampf, viele wurden entmutigt und verloren die Energie. Manche verweigerten sich dem Zukunftskampf. Die Älteren nannten diese Jungen „Null-Bock-Generation“.

In dieser Zeit gab es aber auch ein breites und starkes Engagement für die Zukunft: nicht nur die des Arbeitsmarktes. Vielen Menschen wurde verstärkt bewusst, dass sie Verantwortung trugen für die Zukunft der nächsten Generationen, und dass es notwendig war, sich für den Schutz der Umwelt und für Gerechtigkeit zwischen Nord und Süd einzusetzen. Der Ökumenische Rat der Kirchen lenkte die Aufmerksamkeit auf den sogenannten Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung.

Heute scheint in Deutschland die Beschäftigung mit der Zukunft offenbar nicht mehr so vordringlich und allesbestimmend. In anderen Ländern blicken Menschen allerdings mit viel mehr Sorgen in die Zukunft – denken wir an Griechenland, oder an die vielen Krisenregionen in unserer Welt.

Wir hingegen beschäftigen uns mit der Gegenwart. Das Jetzt ist der neue Trend. Die Ratgeberliteratur, viele Angebote der Lebensberatung, Coachings und Psychologen wollen den Menschen helfen, das Leben zu bewältigen und zwar nicht in der Zukunft, sondern jetzt, heute, … Das große Thema für Menschen, die wach und aufmerksam durch das Leben gehen möchten, ist: „Achtsamkeit“. Dieses Konzept stammt zwar aus dem Buddhismus, aber es findet generell bei spirituellen Menschen, auch bei Christen, Anklang. Achtsam mit dem umgehen, was Gott den Menschen anvertraut hat, mit der Umwelt, der Zeit, mit den anderen Menschen – jeden Tag, jede Minute als Gabe und als Aufgabe Gottes betrachten. In dieser Weise lässt sich „Achtsamkeit“ gut mit Grundhaltungen des Christentums verbinden. Leben im Hier und Jetzt. Gott im Alltag entdecken, in den kleinen Dingen des Lebens. Das sind auch zentrale Themen von Predigt und Seelsorge geworden. Es ist eine wichtige Frage, wie Menschen die Gegenwart Gottes heute erfahren können. Wir Menschen der Postmoderne glauben nicht mehr einfach, was uns gesagt wird. Und wir lassen uns nicht vertrösten. Wir wollen Gott begreifen, erfahren und erkennen. Und zwar jetzt. Und je mehr wir uns darauf konzentrieren, desto weniger spielt das eine Rolle, was über den Moment und über die nächste Lebensspanne hinausgeht. Die Zukunft wir ausgeblendet, vergessen. Diese Art von Zukunftsvergessenheit passt zu einer Zukunftsvergessenheit im umfassenderen Sinn. Wenn wir überhaupt an die Zukunft denken, dann maximal an die, die vom Ende unseres Lebens begrenzt wird. Wenn es hoch kommt, denken wir eine oder zwei Generationen weiter. Nur wenigen kommt in den Sinn, was den biblischen Texten völlig selbstverständlich ist: dass es eine Dimension des Lebens gibt, die über unsere menschliche Existenz zwischen Geburt und Tod hinausgeht. Ja, eine Dimension, die Zeit und Raum übersteigt, und für die die Bezeichnung „Ewigkeit“ zutrifft. - Nach einer langen Zeit der Jenseitsvertröstung haben viele Kirche und Christen den Gedanken eines Jenseits und die Vorstellung von Ewigkeit weitgehend ausgeblendet.

 

3. Auch die Vorstellung von einem konkreten Ende der Weltzeit, von einem letzten Gericht oder Ähnlichem ist aus dem religiösen Repertoire der Volkskirchen in Deutschland zumeist verschwunden. Dafür eignen sich diese Themen hervorragend für Kino und Fernsehen. Schauen Sie einmal die Fernseh- und Kinoprogramme von drei oder vier Wochen durch. Mit Sicherheit finden Sie ein Dutzend oder mehr Katastrophenthriller, Endzeitfilme und Zukunftsvisionen in Form von Science Fiction. Meistens geht es um den ultimativen und letzten Kampf zwischen Gut und Böse. Immer wieder haben Apokalypsen Konjunktur – zuletzt aufgrund der falsch verstandenen Maya-Prophezeiungen von 2012.

Immer wieder sind es kleinere Gruppen, in denen die Vorstellung von der Endzeit an Bedeutung gewinnt. Im 19. Jahrhundert beispielsweise waren einige Gruppen überzeugt davon, dass es in absehbarer Zeit zum Zeitenende kommen würde. Dies führte zur Entstehung von christlichen Freikirchen und Sondergemeinschaften wie etwa der Siebenten-Tags-Adventisten oder auch der Zeugen Jehovas. Leben im Angesicht des nahenden Endes, - damit war die Erwartung der Wiederkunft Christi verbunden. Es ging darum, vorbereitet zu sein, die Dinge zu ordnen.

Dass Christus wieder kommen wird, bekennen wir jeden Sonntag im Glaubensbekenntnis. Die Schriften des neuen Testaments zeigen, dass die Christen der ersten Generation überzeugt waren, dass die Abwesenheit Christi nach der Himmelfahrt nur von kurzer Dauer sein sollte. Sie erwarteten ihn noch während ihrer Lebzeiten zurück und hegten die Zuversicht, dass damit das Reich Gottes zur Vollendung kommen sollte: Gerechtigkeit, Liebe und Friede würden endlich über Hass, Gewalt und Ungerechtigkeit siegen. Doch dieses Ereignis blieb aus. Wie sehr dies die Gemeinden verunsicherte, kann man sich leicht vorstellen. Sie befanden sich ja ohnehin in einer Phase des Umbruchs. Sie hatten sich neu orientiert, einen neuen Glauben angenommen. Das bedeutete, dass sie auch einen neuen Platz in ihrer Gesellschaft finden mussten, und dies alles in einer Zeit, in der die politischen und gesellschaftlichen Umstände die jungen Gemeinden vor Schwierigkeiten stellten. Die Zukunft sah ziemlich düster aus. Dies ließ es umso dringender erscheinen, dass Jesus zurückkehrte. Von ihm erwarteten sie, dass er die Dinge zurechtsetzen würde und für letzte Gerechtigkeit im letzten Gericht sorgen würde. In den Evangelien - auch in unserem Predigttext - lassen sich dieses Erfahrungen und Sehnsüchte der Christen erkennen. Und die Antworten, die Jesus selbst darauf gibt. Jesus setzt in der sogenannten Endzeitrede ein mit Weltuntergangsstimmung: Menschen in Not und auf der Flucht, Kriege und Zerstörung, alle Anzeichen mahnen zu Furcht, schüren die Angst. Selbst die Naturgewalten sind außer Tritt geraten. Die Menschen werden mutlos und verlieren die Perspektive. Blick gesenkt, verbohrt in die eigenen Probleme, die eigenen Sorgen, - das Kaninchen starrt auf die Schlange. Alles, was sie sehen und erleben, bestätigt die düstere Stimmung.

Das aber ist nicht das Letzte – macht Jesus deutlich. In der Mitte der Nacht liegt der Anfang des neuen Tages. Es gilt, den Blick zu heben, und auf den zu blicken, von dem Erlösung Befreiung und Zukunft ausgehen. Diesen Blick kennen wir als Christen – es ist der Blick auf Jesus Christus, den Gekreuzigten, der am dunkelsten Punkt, am Kreuz zugleich der allergrößte Hoffnungsgeber ist. Er hat den Tod überwunden, und er lebt. Der Gekreuzigte und Auferstandene ist auch der, der kommen wird. Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht. Richtet euch auf, hebt den Kopf. Eure Rettung ist unterwegs. Die gebeugten Schultern müssen die Last der Zukunft nicht allein tragen. Menschen, die den Blick heben, aufrecht und offen durch das Leben gehen, müssen sich nicht schrecken lassen von der Dunkelheit, die sie sehen, denn sie sehen auch das Licht, die Hoffnung, die Perspektive.

 

4. Kopf hoch – Schultern aufrichten, und dann ist alles gut. Ganz so simpel ist es nicht. Nicht körperliche Übungen schaffen den Perspektivwechsel zur Zukunft, sondern eine komplette Haltungsänderung. Innerlich wie äußerlich.

Wie richten wir uns ein in unserem Leben, in unserer Welt? Wonach richten wir uns? Mit welchen Perspektiven gehen wir in die Zukunft Gottes? Und von welcher Zukunft her leben wir im Jetzt?

Wenn wir von der Zukunft Gottes her denken, dann ist es die Vision letzter Gerechtigkeit, die unser Handeln und Denken bestimmt. Wir können dann Ungerechtigkeit nicht auf sich beruhen lassen. Es ist die Vision davon, dass im Reich Gottes jeder Mensch seinen Platz hat. Wir können dann nicht akzeptieren, dass Millionen von Menschen keine Heimat haben und auf der Flucht sind. Es ist die Vision einer Welt, in der Menschen respektvoll mit Gottes Gaben umgehen: mit der Natur ebenso wie mit den Geschöpfen. Wir können dann nicht gut heißen, wenn Tiere gequält werden, die Natur geschändet und die Menschen in ihrer Würde missachtet werden. Es ist eine Vision, die sich nicht mit Vertröstungen abspeisen lässt, sondern die uns Menschen dazu bringt, aktiv daran mitzuarbeiten, dass Gottes Liebe in unserer Welt erfahrbar ist.

Wir leben zwar in einer Welt, in der es Dunkelheit, Mutlosigkeit und Kälte gibt, doch selbst in dieser Welt gibt es Zeichen, die uns in der Gewissheit bestärken, dass Gott seine Welt nicht alleine gelassen hat. - Ein Feigenbaum bekommt Blätter und zeigt damit an, dass der Sommer kommt. Die Welt bleibt nicht erstarrt im eisigen Umgriff von Sorgen, Angst und Kriegen. Die Zukunft ist nicht dunkel und kalt. Es gibt sie nämlich, die Anzeichen von neuem Leben, - Knospen und erste Blätter eines Feigenbaums. Das Reich Gottes ist nahe. Eines dieser Zeichen ist die jährliche Adventszeit.

Selbst im Winter der Welt ist der Sommer nah. Diese Zukunftshoffnung hängt nicht von der Konjunktur ab. Sie gründet in der adventlichen Erwartung auf den, der kommt, um die Welt zu erlösen. Und sie baut auf die Auferstehungshoffnung. Tod und Finsternis haben nicht das letzte Wort, sondern das Leben, das Gott schenkt.

Amen

 

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Letzte Aktualisierung: 12. Dezember 2014

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