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Predigten zum Alten Testament

 

 

47. JG. 2013/2014

DIE LESEPREDIGT

3. Sonntag der Passionszeit (Okuli)

23.03.2014

Wenn Gott sich offenbart

Text: 1 Kön 19,1-8(9-13a)

 

Liebe Gemeinde,

der Prophet Elia gehört zu den ganz Großen in der jüdischen und auch der christlichen Tradition. Bereits sein Name ist bedeutungsschwanger. Er bedeutet „Mein Gott ist der Herr.“ In seinem Namen steckt das Lebensprogramm, das ihm auferlegt ist. Seine Aufgabe ist es, der Stimme Gottes in seiner Zeit, im 9. Jahrhundert vor Christus, Geltung zu verschaffen.

 

1. Elias Auftrag ist eng verknüpft mit dem damaligen Königshaus in Israel. König Ahab und seine Frau Isebel, unterstützen die Verdrängung des Jahweglaubens durch einen anderen Kult, den Baalskult, den Isebel bereits aus ihrer Heimat Sidon kannte. Der Ein-Gott-Glaube der Israeliten, wie er im ersten Gebot zum Ausdruck kommt: „Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ gerät in Konflikt mit der Vorstellung von den vielen Gottheiten. In diesem Konflikt ist Elia gefordert, den Anspruch Jahwes, des einen Gottes, bei König Ahab zur Geltung zu bringen. Im Predigttext begegnen wir einem Elia, völlig ausgelaugt und am Ende, der gerade eine massive Auseinandersetzung mit Ahab und Isebel bzw. den Priestern des Baalskultes hinter sich hat. Es ist die berühmte Geschichte vom Gottesurteil auf dem Berg Karmel: Elia forderte König Ahab auf, die Priester des Baal und der Aschera auf dem Berg Karmel zu versammeln. Dort sollte es zur entscheidenden Herausforderung kommen – Jahwe gegen Baal. Den Baalspriestern gelingt es nicht, Baal zum Handeln zu bewegen, während Jahwe sich machtvoll erweist und Feuer auf die mit Wasser getränkte Opfergabe herabfallen lässt. Der Kampf ist entschieden, die Baalspriester werden hingerichtet. Hier setzt der Predigttext ein. Königin Isebel bedroht Elia mit dem Tod – und diesen verlässt trotz des Erfolges der Mut. Er ist am Ende seiner Kräfte, ausgelaugt. Er kann nicht mehr.

 

2. Elias Tätigkeit als Prophet ist durchaus erfolgreich. Die Stimme Gottes durch seinen Mund findet Gehör. Die Macht Gottes bestätigt sich. Dieser Erfolg äußert sich aber nicht in Elias eigener Begeisterung oder gar in einer stolzgeschwellten Brust. Im Gegenteil: In Elia begegnet uns ein Mann am Ende seiner Kräfte, der sein Heil in der Flucht sucht. Statt auf die Macht Gottes zu vertrauen, die er unmittelbar vorher noch erlebt hat, packt ihn die Angst, als Isebel ihm Rache androht. Er gibt sich auf, er will am liebsten von der Welt nichts mehr sehen, den Kopf in den Sand stecken.

Der Ausschnitt aus der Erzählung von Elia, den wir im Predigttext gehört haben, mag die Eliakenner daran erinnern, dass es noch weitere ähnliche Geschichten um Elia gibt. Fast alles, was von ihm erzählt wird, dreht sich darum, dass dieser Prophet gestärkt und versorgt werden muss. So kraftlos ist er, so wenig scheint er in seinem eigenen Leben die Kraft Gottes zu spüren. Wenn er im prophetischen Amt auftritt, wirkt es kraftvoll. Er aber fühlt sich arm, schwach, mutlos. Einmal sind es Raben, die ihn in einer solchen Lage mit Lebensmitteln versorgen, dann eine Witwe in Sarepta, die ihn aufnimmt und deren Vorräte trotz der allgemeinen Hungersnot nicht ausgehen, und hier ist es ein Engel, ein Bote Gottes, der ihn am Leben erhält. Er bringt Brot und Wasser und Elia empfängt neue Energie. Wen Gott einsetzt, den fordert er mit all seinen Kräften, aber für den sorgt er auch. Elia wird neu mobilisiert und macht sich auf einen langen Weg – vom Berg Karmel in der Gegend des heutigen Haifa zum Berg Horeb im Sinaigebirge. Rund 500 km Luftlinie. Symbolträchtige 40 Tage ist er unterwegs von einem Ort der machtvollen Gotteserfahrung zu einem anderen geschichtsträchtigen Ort. Am Berg Horeb war einst Mose Gott im brennenden Dornbusch begegnet und dort hatte er auch die Gesetzestafeln empfangen. Ein Ort, an dem Gott erfahrbar und seine Gegenwart zu erwarten war. Wir hören nicht, warum Elia ausgerechnet dorthin geht – offenbar ist es seine persönliche Wüstenwanderung zu einem Ort der Gottesoffenbarung. Und auch Elia hat hier eine Gotteserfahrung.

 

3. Die Geschichte von Elia ist überhaupt eine einzige Geschichte der Gotteserfahrungen. Sie beginnt mit seiner Berufung zum Propheten. Dann die machtvolle Gotteserfahrung mit dem Gottesurteil im Kampf der Jahwes mit der Baalsgottheit auf dem Berg Karmel. Unser Predigttext zeichnet in ganz anderer Weise Gotteserfahrungen des Elia nach: er wird von dem Engel, dem Boten Gottes, versorgt. Gott hat Interesse an Elia, er kümmert sich um ihn, sorgt dafür, dass Elia wieder aufstehen, sich auf seinen Weg machen kann.

So weit lässt sich die Geschichte der Gotteserfahrungen des Elia für uns vermutlich ganz gut nachvollziehen – bei aller Fremdheit, die eine Erzählung wie die des Gottesurteiles auf dem Karmel bei uns erzeugt. Diese Erzählung bewegt sich deutlich außerhalb unseres eigenen Erfahrungsbereiches. Aber die Erfahrung der Stärkung und Aufrichtung durch Gott dürfte vielen von uns vertrauter sein. Dass wir Ermutigung durch Boten Gottes erfahren, durch Menschen, die uns Gott über den Weg schickt, mag uns auch schon widerfahren sein – vielleicht haben wir es erst im Rückblick gemerkt. Oder: wir haben überraschend neue Perspektiven für die Zukunft entdeckt und konnten mit neuer Kraft unseren Weg gehen. Es ist eine Frage unseres Deutungsrahmens, ob wir darin Gott wirksam sehen oder eine Intuition woher auch immer oder den Zufall.

Weniger leicht zugänglich ist der letzte Teil des Predigttextes: Elia übernachtet in einer Höhle am Gottesberg Horeb, als ihn Gott anredet: „Was tust du hier?“ Aus Elia bricht alles heraus – seine Angst und seine Einsamkeit. Und dann eine Theophanie – eine Gotteserscheinung, die den Horizont der Erwartung ganz offensichtlich sprengt. Dieser Gott zeigt sich ganz anders, als man es annehmen würde – nicht in einem machtvollen Erweis, in Sturm und Erdbeben und Feuer erscheint Gott, nicht mit Pauken und Trompeten. Der biblische Text spielt kunstvoll mit den Erwartungen der Leser und Hörer: Zuerst kommt ein Sturm auf; ein heftiges Naturphänomen. Das würde doch als Erscheinungsform für den Schöpfer hervorragend passen. „Ein stilles, sanftes Sausen, ein sanftes leises Säuseln“ ist das, was Elia wahrnehmen kann von der Gotteserscheinung, der Theophanie. Also genau genommen kaum etwas. Gott kommt in der Stille, entgeht leicht der Aufmerksamkeit. Es mag sein, dass hier erneut das Augenmerk auf die Abgrenzung Jahwes gegenüber anderen Gottheiten gelenkt wird. Dieser Gott ist anders, er entzieht sich den menschlichen Erwartungen. Elia ist in der Lage, die Heiligkeit dieses Moments, die Gegenwart Gottes wahrzunehmen. Als er in den Eingang der Höhle tritt, verhüllt er sein Gesicht mit dem Mantel, wie es Mose seinerzeit getan hatte, als er sich der Stiftshütte, dem Ort der Gegenwart Gottes genähert hatte. Diesem Gott sieht man nicht wie einem Menschen ins Antlitz. Er bleibt auch als naher Gott ein ferner Ehrfurcht gebietender Gott.

 

4. Unser Reden und unsere Vorstellung von Gott sind immer menschlich, das heißt von unseren eigenen Voraussetzungen her geprägt. Wir finden in der Bibel einerseits Versuche vor, die Begegnung mit dem heiligen Gott in menschlich verständliche Worte, Bilder und Erzählungen zu fassen. Andererseits zeigt uns die Bibel, auch in der Person des Elia, dass Gottes Handeln und seine Selbstoffenbarung immer zugleich die menschlichen Vorstellungshorizonte durchkreuzt, sie übersteigt und durchbricht. Gott ist der ganz Andere. Die Wahrheit Gottes ist eine, die aus dem Rahmen menschlicher Ideen und Vorstellungen fällt. Wie aber ist dieser Gott erkennbar, wie kann man diesen ganz anderen Gott wahrnehmen? Der Theologe Karl Barth vertrat die Theorie, man könne Gleiches nur mit Gleichem erkennen. Auf die Größe „Gott“ angewandt, bedeutet das, dass man Gott nur durch Gott erkennen kann. Konkret: Gotteserfahrung ist nichts, was man mit besonderen Techniken selbst herbeiführen kann, auch nicht mit besonderer Frömmigkeit. Gotteserfahrung ist ein Geschenk, eine Gabe. Sie wird von Gott selbst in uns bewirkt. Sie widerfährt den Menschen. In dieser Überzeugung steckt etwas zutiefst Wahres. Wird aber damit nicht die menschliche Komponente der Gotteserfahrung ausgeblendet oder zumindest unterbelichtet? Wenn Gottes Selbstoffenbarung der Schlüssel für unsere Gotteserkenntnis ist, bedeutet dies dann, dass wir selbst nur darauf warten können, dass sich Gott uns zeigt – wie Elia? Ja, so ist es. Allerdings mit einem bedeutenden Unterschied: Die Selbstoffenbarung Gottes, davon sind die biblischen Texte des neuen Testaments überzeugt, ist seit der Zeit Elias den wesentlichen Schritt vorangeschritten. In seinem Sohn Jesus Christus ist Gott auf unübertreffliche Weise sichtbar und wahrnehmbar geworden.

Im Alten Testament spielen bestimmte Orte wie der Berg Horeb, die Stiftshütte oder der Tempel und das, was mit diesen Orten verbunden ist, eine wichtige Rolle für die Gotteserfahrung. Da sind die Tafeln mit den Geboten am Berg Horeb, aus denen Gott spricht und eine Ordnung für das Leben schenkt. Die Stiftshütte steht für die Heiligkeit und Anbetungswürdigkeit Gottes, in ähnlicher Weise der Tempel für die Verehrung Jahwes, für den Gottesdienst.

Die Orte der christlichen Gotteserfahrung sind die Krippe und das Kreuz – es sind die Orte, an denen Gott seine Gegenwart in der Welt manifestiert. Genau genommen geht es dabei nicht um Orte, es geht um eine Person, Jesus Christus, den Gottessohn, in dem Gott manifest, mit der Hand greifbar wird. Ein Mensch unter Menschen, ausgesetzt, schutzbedürftig - dafür steht die Krippe. Bei dem Wanderprediger Jesus erfahren Menschen Heilung, Vergebung, Trost und Orientierung. Das Kreuz zeigt den Gottessohn, den Messias, als Ohnmächtigen und Gebrochenen. Aber dass Christus sein Leben am Kreuz gab, „als ein Lösegeld für viele“, eröffnet den Weg aus der Gottferne zu Gott und wird in der Auferstehung zur Begrenzung des Todes.

Diese christlichen Grundorte zeigen auch, wie sich Gott den menschlichen Vorstellungen von Göttlichkeit und Gottesbegegnung entzieht – Krippe und Kreuz, welche absurden Orte. Wo würde man Gott weniger vermuten?

Gott hat sich ultimativ in Jesus Christus selbst offenbart. Das ist die Überzeugung des Christentums. Wenn also Gottesoffenbarung und Gotteserfahrung immer alleiniges und souveränes Handeln Gottes sind, was bleibt dann für die Menschen zu tun? Sehen wir zunächst auf Elia. Das erste, was er tut: Er lässt sich berufen. Er hört selbst auf die Stimme Gottes, auch wenn das für ihn keine bequeme Option ist. Er ist eingebettet in den Glauben seiner Väter, er kennt die Gebote, das Gesetz. Er weiß, dass darin Gottes Wille zum Ausdruck kommt und ist bereit, sich dafür einzusetzen. Das sind die Voraussetzungen, die er mitbringt. Der Raum, in dem die Gottesoffenbarung einen Wiederhall, einen Resonanzboden finden kann.

Sehen wird als Zweites auf Menschen und ihren Umgang mit der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus. Hier ist durch die Geschichte des Christentums hindurch etwas Ähnliches zu beobachten wie bei Elia. Wo Menschen sich dem Anspruch und der Botschaft Jesu Christi aussetzen, wo sie sich ihm gegenüber aufmerksam verhalten, im Lesen der Bibel, beim Beten, beim Gottesdienst, im Gespräch unter Christen, - da kann wachsen, was Gott in sie hinein sät.

Amen.

 

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Letzte Aktualisierung: 12. Dezember 2014

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